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Lagotto-Geschichten – Varik, der Schweinepest-Suchhund

Der fünfjährige Lagotto-Zuchtrüde Varik gehört zu den ersten ausgebildeten Suchhunden, die auf verendete Wildschweine trainiert sind, die der Afrikanischen Schweinepest (ASP) zum Opfer gefallen sind. Seine Besitzer, Peter und Franziska Höltschi aus Romanshorn, berichten über die perfide Virus-Erkrankung, wie die Ausbildung ihres Hundes ablief und wie ein Einsatz im Ernstfall ablaufen würde. Peter hofft, dass dieser nie eintreffen wird.

Bereits als Welpe liebte er zu suchen

Schon als wir vor fünf Jahren unsern kleinen Varik del tesoro d’oro von der Zucht zu uns nach Hause nach Romanshorn geholt haben, war er stets aufmerksam und interessiert in der Gegend unterwegs. Unsere Familie – Franziska, Peter mit den beiden Töchtern Lea und Larissa – wohnt in einem Haus in der Nähe des Waldes. Mit seiner ruhigen Art ist Varik mit seinen fünf Jahren der perfekte Familienhund. Wie wir, braucht auch er den Ausgleich. Schon mit vier Monaten tauchte Varik in die Welt des Waldes und der Jagd ein. Mit dem kleinen und wuscheligen Hund begann der leidenschaftliche Jäger Peter die Nachsuche nach verletzten oder toten Wildtieren zu trainieren. Bereits mit 18 Monaten bestand Varik die offizielle 1’000-Meter-Nachsucheprüfung nach den Vorgaben der Technischen Kommission des Jagdhundewesens TKJ. Seine Nase wurde nicht nur auf die Wildfährten trainiert, sondern auch auf die Trüffel. Wir merkten schnell, dass Varik ein begeisterter Sucher und Arbeiter ist, dementsprechend wird er täglich dazu eingesetzt.

Im Herbst lud das Veterinäramt des Kantons Thurgau die Jägerschaft zu einer Informationsveranstaltung über die Afrikanische Schweinepest und das Projekt zum Aufbau einer ASP-Suchhundestaffel im Kanton Thurgau ein. Das Neue und Unbekannte packte Peter, weshalb er sich mit Varik zu den ersten Selektionstrainings anmeldete. Bald schon streifte Varik mit einem GPS-Halsband auf der Suche nach Wildschweinkadavern durch die Wälder.

Für Menschen unbedenklich – für Schweine tödlich

Die Afrikanische Schweinepest Viruskrankheit kommt ursprünglich von den afrikanischen Warzenschweinen, die immun gegen das Virus sind. Man geht davon aus, dass durch Export von infiziertem Fleisch das Virus nach Europa verschleppt wurde. Momentan ist die Schweiz noch nicht betroffen, jedoch ist das Virus bereits in Süddeutschland und Norditalien aufgetreten. Daher geht man davon aus, dass in absehbarer Zeit auch in der Schweiz die ersten Fälle zu beklagen sind. Die auf schweineartige Tiere übertragbare Krankheit ist hochansteckend. Der Tod eines Tieres kann bereits drei Tage nach der Infizierung eintreten. In den Ställen hat eine Infektion die Tötung aller weiteren Tiere zur Folge. Nur so kann die Krankheit im Schach gehalten werden. Für Menschen und Hunde ist die Viruskrankheit unbedenklich.

Mit Bringsel den Fund anzeigen

Beim Suchtraining sind der Mensch und der Hund ein Gespann. Der Hund wird auf das Suchen von Kadavern in Form von verwester Wildschweinhaut und -fleisch konditioniert. Varik wird mit einem GPS-Halsband ausgestattet und startet die Suche nach dem Geruch des Kadavers auf Kommando. Wird Varik nach dem «verendeten Wildschwein» fündig, so darf er dieses nicht berühren, verweist den Kadaver, in dem er den sogenannte Bringsel, einen Strick an seinem Halsband, in den Mund nimmt und damit zu seinem Herrchen zurückkehrt. Nun muss der Hund den Menschen zum verendeten Wildschwein führen. Erst dann darf er den Bringsel aus dem Mund lassen. Dann ist seine Arbeit vollendet und ein ausgiebiges Spiel wartet auf Varik.

Für den Ernstfall vorbereitet

Im Ernstfall würden jeweils zwei Gespanne eine Fläche von ca. 40 – 50 Hektar Waldfläche pro Tag nach verendeten Wildschweinen absuchen. Mit dem am Halsband angebrachtem GPS-Sender kann überprüft werden, ob das ganze Gebiet von den Hunden abgesucht wurde. Würde ein Wildschweinkadaver gefunden, würde der Fundort mittels GPS-Daten dem Zivilschutz übermittelt. Dieser würden den Kadaver fachgerecht entsorgen und den Fundort desinfizieren. Die ganze Aktion würde vom jeweiligen zuständigen Veterinäramt koordiniert. Das Betreten des Seuchengebietes wäre für die Öffentlichkeit verboten.

Anfangs Oktober wird Varik eine Prüfung ablegen müssen. Nach bestandener Prüfung wird er zum ersten ASP-Suchhundetrupp der Schweiz gehören. Wir hoffen jedoch nie den Ernstfall ausüben zu müssen; hat dieser doch nebst erheblichem wirtschaftlichem Ausfall auch grosses Tierleiden zur Folge.

Wir haben mit dem Thurgauer Veterinäramt eine Leistungsvereinbarung für die nächsten fünf Jahre unterzeichnet. Würde das Virus ausbrechen, wären wir verpflichtet in der Schweiz und im nahen Ausland uns für die Suche zur Verfügung zu stellen. Dabei müssten wir ca. eine Woche im Seuchengebiet unsere Arbeit ausführen, könnten dann nach gründlicher Desinfektion das Gebiet für zwei bis drei Tage verlassen und müssten bis zur Seuchenfreit des Gebietes unsere Arbeit wieder aufnehmen. Somit werden wir mit Varik mindestens die nächsten fünf Jahre das Bringselverweisen auf verendete Wildschweinekadaver weiterhin trainieren.

Text: Peter und Franziska Höltschi, Romanshorn

Video vom Thurgauischem Informations- und Veterinäramt: https://youtu.be/yInBiGvZ2NQ

Artikel im SG Bauer, August 2022, von Melanie Graf

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